Autonomy vs. standards – the fine line to productivity
8. Februar 2023
Einfach machen
21. Mai 2023
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In Zei­ten zügig fort­schrei­ten­der tech­ni­scher Ent­wick­lung ver­än­dern sich die Märk­te fort­lau­fend. Unter­neh­men müs­sen sich schnells­tens an die jeweils neu­es­ten Gege­ben­hei­ten anpas­sen, um ihre Posi­tio­nen zu wah­ren und neue Markt­chan­cen zu kreieren.

Vie­len fällt es nicht leicht, ihre Gang­art par­al­lel zum heu­ti­gen Fort­schritt zu beschleu­ni­gen. Das gilt ganz beson­ders für Groß­un­ter­neh­men und ihre Able­ger. Her­bert Diess schrieb kürz­lich sinn­ge­mäß, dass ihm Elon einst gesagt habe, dass es nicht ein­fach sei, mit sei­nen Vor­ha­ben [erg.: bei VW] erfolg­reich zu sein. In eta­blier­ten Fir­men sei die signal-to-noise-ratio ein­fach zu nied­rig. Und zusätz­lich zur Kako­pho­nie der Neben­ge­räu­sche ten­die­ren eta­blier­te Fir­men dazu, eher kon­ser­va­tiv und lang­sam zu agie­ren. Grund genug, sich anzu­schau­en, wel­che Mecha­nis­men im Ein­zel­nen die Geschwin­dig­keit redu­zie­ren, und wie sie sich wie­der stei­gern lässt.

1. Am schnells­ten erle­di­gen wir eine Auf­ga­be direkt und selbst. Geben wir sie wei­ter, sei es, weil jemand sie im Kern geschick­ter erle­di­gen kann, weil jemand dafür offi­zi­ell zustän­dig ist oder er unser Han­deln geneh­mi­gen muss, ver­län­gert sich die Bear­bei­tungs­zeit. Wir müs­sen den rich­ti­gen ande­ren fin­den, mit ihm spre­chen, und er muss unser Anlie­gen in sei­ne Schlan­ge war­ten­der Auf­ga­ben ein­rei­hen. Dabei kann es eben­so wie bei der Ablie­fe­rung der Ergeb­nis­se zu Miss­ver­ständ­nis­sen, Feh­lern oder Ver­ges­sen kom­men. Um die Geschwin­dig­keit zu erhö­hen, soll­te bei der Dis­kus­si­on, wer was macht, bevor­zugt dar­auf geach­tet wer­den, die Zahl der ins­ge­samt Betei­lig­ten auf das Mini­mum zu reduzieren.

2. Häu­fig lei­det die Ent­schei­dungs­ge­schwin­dig­keit, weil der Grad der Arbeits­tei­lung mit dem Wachs­tum einer Fir­ma stark zuge­nom­men hat. Gilt es, gene­rel­le oder über­grei­fen­de The­men zu bespre­chen, müs­sen vie­le Kol­le­gen gehört wer­den. Und je mehr Betei­lig­te, des­to län­ger ist der Vor­lauf, sie an einen Tisch zu bekom­men, ihre Auf­merk­sam­keit und zum Schluss auch ihre ehr­li­che Zustim­mung zu erhal­ten. Jede Nach­läs­sig­keit erhöht die Zahl der Irri­ta­tio­nen und Ite­ra­tio­nen. In sol­chen Fäl­len kann eine höhe­re Geschwin­dig­keit erreicht wer­den, indem erfah­ren­de Per­so­nen oder Gre­mi­en die Erle­di­gung für die Grup­pe über­neh­men und die übri­gen Kol­le­gen nur im Wege des „con­sent“ gezielt in die Ent­schei­dungs­fin­dung ein­be­zo­gen werden.

3. Ins­be­son­de­re in gro­ßen Fir­men wer­den die Zie­le inge­nieurs­mä­ßig her­un­ter­ge­bro­chen und mit loka­len Initia­ti­ven ver­wo­ben, um Incentive-Potpourris für die Ver­ant­wort­li­chen zu kre­ieren. Nicht sel­ten wider­spre­chen sich die indi­vi­du­el­len Zie­le, wäh­rend das gemein­sa­me über­ge­ord­ne­te Ziel unsicht­bar und damit unbe­ach­tet bleibt. Dann bekämp­fen sich die Par­tei­en und die Fest­le­gung von Prio­ri­tä­ten und Lösun­gen dau­ert sehr viel län­ger, als das not­wen­dig wäre. Für die Geschwin­dig­keit ide­al sind kom­ple­men­tä­re und trans­pa­ren­te Zie­le. Idea­ler­wei­se kann jeder auf Anhieb den aktu­el­len Spiel­stand, Ziel­ab­wei­chun­gen und dar­aus resul­tie­ren­de Hand­lungs­be­dar­fe erken­nen (Jido­ka).

4. Noch viel schlim­mer ist das Arbei­ten ganz ohne Zie­le. Ent­we­der, weil die­se nicht bekannt sind, im Über­maß der Res­sour­cen kei­ne Rol­le spie­len oder die Kun­den so weit weg sind, dass ihre Erwar­tun­gen dem Sys­tem kei­ne Ori­en­tie­rung bie­ten. Die­ser schlimms­te Fall unter­neh­me­ri­scher Ver­wahr­lo­sung gleicht der Arbeit unter Schwe­re­lo­sig­keit. Nichts spielt eine Rol­le und die Betei­lig­ten kön­nen aus­schließ­lich beschäf­tigt mit sich selbst, ihre Eigen­lie­be, Neu­gier und Fas­zi­na­ti­on für das über­trie­be­ne Detail aus­le­ben. Zustän­de wuchern­der Selbst­ver­liebt­heit fin­det sich am ehes­ten in Größt-Unternehmen, Ämtern und sons­ti­gen öffent­li­chen Insti­tu­tio­nen. Sol­che Sys­te­me sind – wenn über­haupt – nur auf Trab zu brin­gen, indem der Beleg­schaft fri­sches Blut zuge­führt wird und sie nach­hal­tig direkt mit Kun­den und ihren Bedürf­nis­sen kon­fron­tiert wer­den. Denn nichts wirkt stär­ker beschleu­ni­gend, als wenn die Kun­den gemein­sam und laut­stark pro­tes­tie­ren, dass sie ihren Wil­len haben wol­len, und zwar sofort.

5. In den mit­tel­eu­ro­päi­schen Wohl­stand­ge­sell­schaf­ten ver­hal­ten sich vie­le Men­schen sehr sicher­heits­ori­en­tiert. Sie zieht es in die gro­ßen Unter­neh­men, wo sie in ihrem Bestre­ben, ihre Kar­rie­re nicht zu gefähr­den, vor „vor­schnel­len“ Ent­schei­dun­gen zurück­schre­cken und ver­su­chen, aus­schließ­lich im Krei­se gro­ßer Grup­pen zu ent­schei­den. Sol­cher­lei per­sön­li­che Vor­sicht kor­re­spon­diert regel­mä­ßig mit dem Bestre­ben die­ser Unter­neh­men, den Sta­tus quo best­mög­lich zu erhal­ten und mit aus­ge­feil­ten Regeln jede Art von Allein­gän­gen und Norm­ab­wei­chun­gen zu unter­bin­den. In der Kom­bi­na­ti­on bei­der Effek­te las­sen sich weit über 90% jeder Hand­lungs­en­er­gie im Keim unter­bin­den. Die­se Sys­tem zu ver­än­dern und in ihrer Hand­lungs­fä­hig­keit zu beschleu­ni­gen, bleibt muti­gen Vor­bil­dern vor­be­hal­ten, die das Regel­set gezielt redu­zie­ren, Allein­gän­ge auto­ri­sie­ren, Irr­tü­mer akzep­tie­ren bzw. hono­rie­ren und loka­le Ent­schei­dun­gen zu kurz­fris­tig gesetz­ten Fris­ten einfordern.

6. Neben die­sen sys­te­mi­schen Fak­to­ren sei noch ein mensch­li­cher Denk­feh­ler erwähnt: Regel­mä­ßig sind wir nicht in der Lage, dyna­misch bzw. in Oppor­tu­ni­tä­ten zu den­ken. Dadurch wird nicht-Handeln zur vali­den Opti­on, für vie­le sogar zur domi­nie­ren­den. Sie war­ten dar­auf, dass Din­ge gesche­hen oder neh­men sich ein­fach ihre Zeit. Obwohl jeder Tag des Ver­zugs bei einer Inves­ti­ti­on ver­lo­re­ne Ein­spa­run­gen bedeu­tet, jeder ver­lo­re­ne Tag einer Pro­dukt­ein­füh­rung ver­lo­re­nen Umsatz. In vie­len Fäl­len geht über die Ver­spä­tung das Momen­tum ver­lo­ren oder ver­än­dern sich die Vor­aus­set­zun­gen der­art, dass die Gele­gen­heit ins­ge­samt per­du ist. Gegen die­sen Denk­feh­ler lässt sich am bes­ten vor­ge­hen, indem der Scha­den offen benannt wird („dann ver­lie­ren Sie ja noch 2 Wochen Geld“) und der jeweils nächs­te Schritt dar­auf­hin über­prüft wird, ob sich nicht durch ein alter­na­ti­ves Vor­ge­hen schnel­ler ein grö­ße­rer Fort­schritt erzie­len lässt.

7. Voll­stän­dig­keits­hal­ber sei erwähnt, dass auch die per­sön­li­che Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on zu sehr unter­schied­li­chen Geschwin­dig­kei­ten führt. Wer eher plan­los Auf­ga­ben sam­melt und sich vom auf­ge­reg­ten Geschrei sei­ner Umwelt steu­ern lässt, wird nicht so schnell zu Lösun­gen und Erfol­gen kom­men wie sei­ne Wett­be­wer­ber, die ihren Arbeits­vor­rat trans­pa­rent hal­ten, ihr jewei­li­ges Vor­ge­hen pla­nen und sich auf die Erle­di­gung kon­zen­trie­ren kön­nen. Glück­li­cher­wei­se erken­nen immer mehr Men­schen die Bedeu­tung einer gut struk­tu­rier­ten Arbeits­wei­se für eine aus­ge­gli­che­ne Lebensbilanz.

In Sum­me lau­ern bei ste­tig zuneh­men­dem Hand­lungs­be­darf über­all Ver­lo­ckun­gen zur Ent­schleu­ni­gung. Wer sie kon­se­quent ent­schärft, kann schnel­ler fah­ren und sich Vor­tei­le auf sei­nem Markt ver­schaf­fen. Also, Voll­gas voraus.

 

Se tut­to sem­bra sot­to con­trol­lo signi­fi­ca che non stai andan­do abbastan­za veloce.
Wenn alles unter Kon­trol­le zu sein scheint, bedeu­tet das, dass Du nicht schnell genug bist. 

(Mario And­ret­ti)

 

Bild: unsplash.com / Simon Moog

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