Die wichtigste Lektion für Startups

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Grün­der sind in den meis­ten Fäl­len über 20 Jah­re alt. Das bedeu­tet, dass sie in ihrem Leben schon zwei wesent­li­che Sozia­li­sie­rungs­schrit­te durch­lau­fen haben: die Kind­heit mit ihrer Fami­lie und ihre Aus­bil­dung oder einen Feri­en­job. Da haben sie für gewöhn­lich gelernt, dass Men­schen nach ihrer geleis­te­ten Arbeits­zeit bezahlt wer­den. Dass Ein­kom­men weit­ge­hend fest sind und nur mit Job-Wechseln gestei­gert wer­den kön­nen. Oder mit Zweit-Jobs, aber das wol­len wir mal vernachlässigen.

Die aller­meis­ten Men­schen fin­den des­halb ihre Lebens­auf­ga­be dar­in, mit dem fes­ten Betrag, den sie für ihre Arbeits­leis­tung erhal­ten, aus­zu­kom­men. Sie kön­nen ihre Situa­ti­on nur ver­bes­sern, indem sie weni­ger Geld aus­ge­ben. Das ist der Grund, war­um die meis­ten heut­zu­ta­ge zu Schnäpp­chen­jä­gern gewor­den sind. Kos­te es was es wol­le. Rabat­te, öffent­li­che För­der­mit­tel, Steu­er­frei­heit, alles wird mit­ge­nom­men, schnurz. Und das ist auch der Grund, war­um ebay ein wich­ti­ger Teil unse­res Lebens gewor­den ist. Für die einen ein Zuschuss zum Haus­halts­ein­kom­men, für die ande­ren eine Mög­lich­keit, Mar­ken­wa­ren für weni­ger Geld zu fin­den. Deal.

Wenn solch ein Spross der Mainstream-Sozialisierung mit Anfang 20 in der Uni oder im Job eine tol­le Idee hat (wahl­wei­se natür­lich auch spä­ter), dann fragt er sich hier und da ein wenig Geld zusam­men, setzt sein eige­nes Erspar­tes ein und stürzt sich in das Aben­teu­er sei­nes Lebens. Und weil das Geld knapp ist, wird gespart, wo es nur geht. Freund­schafts­diens­te wer­den bis zur Gren­ze der Nöti­gung erbe­ten, unent­gelt­li­che Ver­an­stal­tun­gen und ehren­amt­li­che Bera­ter auf- und aus­ge­so­gen. Wir suchen einen Schlüssel-Mitarbeiter für unse­re Stra­te­gie­ent­wick­lung. Idea­ler­wei­se bist Du Master-Student und machst das neben­be­ruf­lich. Freust Dich doch über ein paar Euro oder geht das auch so?

Und so gehen sie dann mit Mes­ser und Gabel bewaff­net zur Drohnen-Schießerei und spie­len nur mit ihrer Idee auf der Hand gegen die Gro­ßen und Schnel­len. Die mit dem rich­tig gro­ßen Geld. Gleich dem Grund­schü­ler, der Han­si Flick durch den Zaun zuruft „Du, Herr Flick, darf ich auch mal mit­spie­len?“ Und sie hun­gern sich von Finan­zie­rungs­run­de zu Finan­zie­rungs­run­de, bis sie dann eines Tages gefres­sen wer­den. Dann ist halt Coro­na gekom­men. Der glo­ba­le Groß­kon­zern hat letz­te Woche unse­ren Haupt­wett­be­wer­ber gekauft.  Wir haben kei­ne Mit­ar­bei­ter gefun­den. Der Grün­de des Schei­terns sind dann nie genug gewech­selt. Aber wir haben viel gelernt und inzwi­schen schon ein neu­es Pro­jekt gestartet.

Und ewig grüßt das Spar­mons­ter. Die, die sich ein paar Jahr hal­ten, füh­len sich nach­träg­lich bestä­tigt: Das hat nur alles so gut geklappt, weil wir so spar­sam waren. Auf­grund ihrer Sozia­li­sie­rung über­se­hen sie alle die zwei­te Sei­te ihrer Medail­le: die Ein­nah­men, die sie mit dem Ver­kauf der Pro­duk­te erzie­len kön­nen. Dabei las­sen sich Ein­nah­men viel leich­ter und stär­ker vari­ie­ren, als Kos­ten redu­zier­bar sind, wo meist nur minus 2, 3, 5 oder 10% mög­lich sind. Und weil sie die Sei­te der Ein­nah­men ver­nach­läs­si­gen, ver­nach­läs­si­gen Sie auch den Ver­trieb, tref­fen die fal­schen Per­so­nal­ent­schei­dun­gen und über­schät­zen ihre eige­ne Idee, weil sich alles immer nur dar­um dreht,  wie sie mit den vor­han­de­nen Mit­teln so güns­tig wie mög­lich die nächs­ten Schrit­te gehen. Und zie­hen damit ihre win­zi­ge Bett­de­cke von links nach rechts und wie­der nach links.

Wenn ich sol­chen Fäl­len fra­ge: „Wer sind denn Eure Wett­be­wer­ber? Wer macht denn auf der Welt gera­de das­sel­be wie Ihr? Wie schnell müsst Ihr denn sein, um schnel­ler zu sein als die ande­ren? Um am Ende viel­leicht übrig zu blei­ben und oder von einem Gro­ßen gekauft zu wer­den?“ Oder nur: „was ist denn bis nächs­tes Jahr in Eurem Markt mög­lich?“ Dann stau­nen sie und zucken mit den Schul­tern. Und schwen­ken um, erzäh­len, dass sie drei­mal bes­ser sind als vor einem Jahr, wie­viel Geld sie noch haben, was sie als nächs­tes tun wer­den und wann sie die nächs­te Finan­zie­rungs­run­de planen.

Ein Start­up wird gemacht, um neue Pro­duk­te zu ver­kau­fen. Da ist es so oder so ent­schei­dend, sich mit dem Markt zu beschäf­ti­gen, sich zu fra­gen, „wie groß sind wir am Ende? Und wann müs­sen wir wie weit sein?“ Damit kor­re­spon­die­ren­de Ein­nah­men ins Auge zu fas­sen und zu über­le­gen „wie bekom­men wir das hin?“, „mit wel­chem Kali­ber müs­sen wir eigent­lich auf unse­re Auf­ga­be schie­ßen?“ und als Ergeb­nis die­ser Über­le­gun­gen die erfor­der­li­chen Mit­tel und Gel­der zu defi­nie­ren und die dazu pas­sen­den Ent­schei­dun­gen zu treffen.

Wer grün­det, tut des­halb gut dar­an, in den ers­ten Wochen und Mona­ten sei­nen gesam­ten Ent­schei­dungs­kom­pass und sein Den­ken umzu­stel­len und zu üben, vom Ziel her zu den­ken. Zie­le kon­kret zu defi­nie­ren und alle mög­li­chen Lösun­gen zunächst an ihrem Wert für das Geschäft, an Ihrem Bei­trag zur Ziel­er­rei­chung zu mes­sen. Und dar­an, ob sie mehr brin­gen als sie kos­ten, und nicht dar­an, ob es nicht auch noch güns­ti­ger gin­ge. Denn nur so wird das jun­ge Unter­neh­men jemals durch­star­ten und sein vol­les Poten­ti­al ent­fal­ten können.

Bild: unsplash.com, SpaceX

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